Alltagsleben im Mittelalter - Archäologie erzählt Geschichte(n)
Shownotes
Verstaubte Keller, zugeschüttete Gräben und vergessene Mauern – unter unseren Füßen schlummert Geschichte. In dieser Folge von „Unsere Burgen“ erklärt Dr.Reinhard Friedrich wie die Archäologie durch kleinste Spuren wie Tonscherben, Essensreste oder Werkzeuge das Leben in der Vergangenheit entschlüsseln hilft.
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00:00:00: Hier ist der Podcast der Deutschen Bogenvereinigung.
00:00:13: Wir haben uns den Erhalt und die Erforschung europäischer Bogen- und Schlösser zum Ziel
00:00:18: gesetzt.
00:00:19: Dieses Mal wird es um das spannende Thema gehen, woher wissen wir eigentlich, wie man
00:00:26: im Mittelalter auf den Bogen gelebt hat.
00:00:29: Eine der wichtigsten Quellen dafür ist die Archäologie, d.h. die Ausgrabung.
00:00:35: Als ich das erste Mal mit Archäologie in Berührung gekommen bin, da war ich ungefähr 6 oder 7
00:00:42: Jahre alt und der Vater einer Freundin, der war Leiter des Archäologiparks, gsanden und
00:00:49: hatte unsere Klasse eingeladen, dort einmal an Ausgrabungen teilzunehmen, um zu wissen,
00:00:57: was Archäologen eigentlich tun.
00:00:59: Wir sind also auf einem großen Haufen von Erde und Scherben allmöglichen gestoßen.
00:01:06: Und es wurde also gesagt, ganz vorsichtig ausgraben und ich habe tatsächlich eine Scherbe gefunden,
00:01:12: eine rote Terrasigilaterscherbe und die war wunderschön foziert.
00:01:16: Die habe ich dem Herrn Dr.
00:01:20: Brecht auch gezeigt und dann hat der mir gesagt, das ist ja wunderbar und dann musste ich die
00:01:27: abgeben und ich war als Kind furchtbar enttäuscht, weil ich habe mir gedacht, was will denn jemand
00:01:31: mit so einer Scherbe eigentlich anfangen, die kann ich doch genauso gut als Andenken
00:01:35: mit nach Hause nehmen.
00:01:36: Dann hat er mir erklärt, es könnte sein, dass diese Scherbe das letzte Stück eines wunderschönen
00:01:43: Kruges ist, den wir hier gerade im Museum rekonstruieren und aus diesem Grund es ist
00:01:49: ganz wichtig, auch Scherben aufzuheben und später wie ein Puzzle zusammenzusetzen, denn
00:01:54: dann wissen wir, wie solche Krüge ausgesehen haben.
00:01:58: Seitdem weiß ich, Scherben sind für Archäologen wahre Schätze.
00:02:03: Mir gegenüber sitzt ein Meister der Archäologie, der Dr.
00:02:08: Einhard Friedrich seines Zeichensarchäologes und Leiter des Europäischen Bogeninstitutes
00:02:14: und natürlich spielt die Archäologie hier in der Erforschung der Bogen eine große Rolle.
00:02:19: Ja, da kann ich als Anknüpfungspunkt schon mal sagen, natürlich kenne ich Xanten, da
00:02:24: ich aus Krefeld starbe und war auch als Kind selber schon öfter da und habe versucht, was
00:02:29: zu finden, das ist mir aber nie gelungen, etwas so Schönes zu finden wie eine Terrasilata.
00:02:33: Scherbe.
00:02:34: Archäologie ist natürlich eine Methode sich der Geschichte zu nähern in die andere Information
00:02:44: bekommt als die schriftlichen Quellen.
00:02:47: Das ist also für die ganze Vorgeschichte, Archäologie ist quasi die einzige Möglichkeit,
00:02:52: Dinge zu erfahren, im Mittelalter ist es im Prinzip anders, da wissen wir ja, dass es
00:02:59: schriftliche Quellen gibt und dann sagen auch viele, wozu brauchen wir dann auch Archäologie.
00:03:04: Aber, wenn wir da mal genauer hinschauen, dann beziehen sich schriftliche Quellen, zumindest
00:03:11: noch im Hochmittelalter, im Grunde auf Rechtsakte, Handlungen der politischen Oberschicht oder
00:03:18: besondere Dinge, der Alltag war eben nichts Besonderes und wurde in der Regel auch nicht
00:03:23: schriftlich fixiert.
00:03:24: Und da kann natürlich die Archäologie sehr wohl wichtige und eigenständige Beiträge
00:03:31: liefern, denn wir sind ja diejenigen, die ständig im Abfall der Geschichte stöbern
00:03:36: gewissermaßen.
00:03:37: Da lernt man auch bestimmte Kriterien einzuhalten, die Dokumentation ist äußerst wichtig.
00:03:44: Ein Fund, der nicht in eine bestimmte Schicht eingeboten ist, ist relativ wertlos und ist
00:03:52: auch richtig, was der Kollege sagt, man sieht erst im Nachherein, ob das jetzt eine wichtige
00:03:56: Scherbe war oder nicht, dass viele Dinge, die für Leinen uninteressant sind, sind dann
00:04:01: für Fachleute doch wieder sehr wichtig.
00:04:04: Ist aber eine Methode durch Ausgraben und durch vorsichtiges Ausgraben sich der Geschichte
00:04:10: zu nähern.
00:04:11: Wir kennen da das Beispiel der Strategie, also der geschichteten Ablagerung, und für
00:04:18: uns Archäologen ist es eben sehr wichtig, aus welcher Schicht erst mal, dass wir diese
00:04:21: Schichten in Profilen erfassen und darstellen können und aus welcher Schicht dann welche
00:04:27: Funde kommen, das kann auf den Unterschied über 100 oder mehr Jahre ausmachen.
00:04:32: Ja, die Schichten von denen gerade die Rede ist, die haben wir ja auf Bogen, wir haben
00:04:39: die auch in Städten und wir haben sie vor allen Dingen in den Aborten bzw. in den Abfallgruben,
00:04:47: in die immer wieder weiter, weiter, weiter aufgefüllt wurde, bis sie dann irgendwann
00:04:52: tatsächlich voll waren und man dann eine neue Grube ausheben musste und da hat man
00:04:57: natürlich eine wunderbare Schichtung und ganz viel von dem, was wir heute wissen, das wissen
00:05:02: wir aus den Abfallgruben, ist das richtig?
00:05:04: Das ist richtig, ja, also es ist eine wichtige Quelle.
00:05:10: Archäologische Funde haben natürlich wieder zwei Filter, das eine ist, organisches Material
00:05:17: ist in der Regel vergangen, also wir kriegen nur immer einen Ausschnitt dessen zu sehen,
00:05:22: was es ursprünglich gegeben hat, weil das eben Materialien sind, die sich bis heute
00:05:27: erhalten haben.
00:05:28: Der zweite Überliefungsfaktor ist auch, dass auch damals schon recycelt wurde, also wichtige
00:05:36: kostbare Dinge hat man natürlich versucht wieder aufzusammeln oder auch Metallgegenstände
00:05:40: waren wichtig.
00:05:41: Das heißt, wir finden im Grunde nur den Abfall, der entweder verloren ging bei Zerstörungsschichten
00:05:47: oder bei Zerstörungen verloren ging oder der übersehen wurde.
00:05:51: Also da gibt es mehrere Filter und der dritte Filter ist natürlich die Zeit selber und
00:05:56: der Ort der Ausgrabung selber.
00:05:57: Wir wissen natürlich lange nicht alles, was auf Burgen noch schlummert und liegt, sondern
00:06:03: wir können nur den Teil festhalten, den wir die Ausgrabungen entdecken und eben auch nach
00:06:09: bestimmten Kriterien, sprich genaue Beobachtungen, Zeichnungen, Fotografien, Dokumentation, Bergen.
00:06:16: Also das sind schon mal drei Kriterien, die uns natürlich den Einblick in die Geschichte
00:06:20: etwas erschweren, aber wir haben an der Seite wieder die Möglichkeit, dass eben vor allem
00:06:26: eben Keramik in großen Mengen produziert worden ist, unvergänglich ist und nahezu
00:06:32: auf jeder Burg findet man mittelalterliche Keramik.
00:06:35: Das ist nicht unbedingt immer ein ganz ansprechendes Material, in der Römerzeit, von denen wir
00:06:41: vorhin gehört haben, gibt es sehr schönere Dinge, aber es ist eben ein sehr wichtiges
00:06:45: Material.
00:06:46: Hochinteressant, das bedeutet auch, dass die Menge an Dingen, die wir jetzt finden, gar
00:06:51: nicht unbedingt mit der Menge der verwendeten Materialien zu tun hat, weil eben bestimmte
00:06:57: Materialien einfach vergangen und verrottet sind und andere wiederum einfach immer wieder
00:07:03: verwendet wurden.
00:07:04: Mir fiel eben ein, wo zum Beispiel so eine archäologische Ausgrabung sehr, sehr interessant
00:07:10: ist, es ist eine Gürtelschnalle, also ich sehe eine Gürtelschnalle in der manessischen
00:07:14: Liederhandschrift und dort sehe ich eigentlich einfach nur die Form.
00:07:18: Ich kann nicht mal sehen, was das für ein Material ist und ich sehe auch nicht, ist die
00:07:22: bemalt oder ist die komplett aus Gold oder Silber oder Bronze oder was auch immer, das
00:07:29: kann ich eigentlich nur feststellen, wenn ich wirklich eine Gürtelschnalle in ähnlicher
00:07:33: Form bei einer Ausgrabung entdecke und dann eben weiß, worum es sich handelt und dann
00:07:38: auch die datieren kann.
00:07:40: Ja, das ist richtig, also die Ablagung sieht natürlich sehr wichtig, das ist noch eine
00:07:46: interessante Sache, bildliche Quellen helfen uns in der Tat eine gewisse Datierung rein
00:07:51: zu bekommen, aber die bildlichen Darstellungen sehen natürlich entsprechend unbeholfen oder
00:07:56: skizzenhaft, das Original ist dann doch noch sehr interessanter, aber es ist eine wichtige
00:08:02: Ergänzung oder auch Grabmähler mit Darstellungen von Rüstungen, mit Schilden, mit Schwertformen,
00:08:08: mit Helmformen sind für uns auch wichtige Quellen, um eine Datierung hinein zu bekommen.
00:08:14: Was können aber jetzt archäologische Funde zum Alltag aussagen?
00:08:18: Das ist natürlich eine immens komplexe Frage, weil wir müssen einerseits eine zeitliche
00:08:27: Schichtung hineinbekommen können, der Alltag im 10. und 11. Jahrhundert, wo das Material
00:08:32: auf Burgen im 11. und 10. Jahrhundert war sicherlich ein anderes als im 13. und 14.
00:08:36: Jahrhundert. Der Alltag einer Markt ist, obwohl sie auf derselben Burg klebt, ist ein ganz
00:08:42: anderer Alltag als die des Burkerns und wir wissen in der Region nicht, wann, was verloren hat,
00:08:48: was wir finden. Also eine Alltagsforschung ist so spannend, sie ist, stellt uns auch vor viele
00:08:54: Fragen und vor viele Probleme. Ich denke, dass man da eben genau um das ganze Bild zu haben,
00:08:59: braucht man dann halt historischen Quellen und die archäologischen Quellen und in den
00:09:05: historischen Quellen eben alle möglichen Arten von Inventaren über Mitgift, Listen, Briefe,
00:09:13: Abgaben, Steuern, all das trägt dann zu dem Bild bei und darüber werden wir auch noch eine
00:09:19: separate Folge machen, die dann den Blick des Historikers nochmal auf dieses Thema wirft.
00:09:25: Aber wir können sagen, nur das, was wir in den Händen halten, das ist wirklich sicher,
00:09:31: denn alles, was wir an Briefen, Abbildungen und sonstigen Quellen haben, das kann natürlich
00:09:36: auch geschönt oder in irgendeiner anderen Hinsicht verfälscht sein, wie das dem Schreibenden
00:09:42: gefallen hat. Wir wissen das heute von Social Media, nicht jedes Bild, was wir sehen, ist
00:09:47: wirklich Realität und nicht alles, was geschrieben wird, ist Historie, aber das, was wir in den
00:09:52: Händen halten, halt schon. Und ich denke, an dieser Stelle ist es ganz interessant, auch mal darauf
00:09:58: hinzuweisen, dass historische Katastrophen ganz oft solche Momente in der Zeit dann halt auch
00:10:07: konservieren, ich denke jetzt an Coupon Pede ist natürlich lange vor unserer Zeit, aber auch andere
00:10:13: Bogen, die dann geschliffen wurden oder auch durch Feuer auf einmal eine Katastrophe reinbrach und
00:10:19: man dann das, was dann verbrannt ist, nicht einfach weggeräumt hat, sondern einfach darüber
00:10:23: weitergebaut hat und dann hat sich so eine Schicht erhalten und in dieser Schicht auch Alltagsgegenstände.
00:10:29: Ja, das ist richtig, das kennen wir bei Bogen auch sogenannte Planierschichten, man hat also
00:10:33: nicht weggeräumt, sondern einfach planiert und dann weitergebaut und weitergelebt und das
00:10:39: für uns natürlich etwas sehr Wichtiges, wenn man diese bei den Grabungen diese Schichten gut trennen
00:10:44: kann und dadurch eben auch eine zeitliche Gliederung sich dann in der Auswertung erarbeiten kann.
00:10:49: Und das Fantastische ist gerade bei solchen Feuern, da weiß man dann oft auch tatsächlich, wann dieses
00:10:54: Feuer war und kann es dann nochmal genauer zuordnen. Ja, manchmal findet auch hat man das Glück, dass
00:11:01: man eine Münze dann findet, dass ich auch schon erlebt, die dann auch wieder einen zeitlichen
00:11:05: Fixpunkt in dieses Brandeignis hineinbringt. Also das von der Methodik her natürlich eine
00:11:11: komplizierte, aber manchmal auch sehr aufschlussreiche. Vorgehensweise ist auf jeden Fall bei der
00:11:17: Ausgrabung ein eher kriminalistisches Vorgehen, wenn man die Dinge erstmal so dekommentieren muss,
00:11:22: findet ohne und ein Gesamtbild sich eben oft erst ergibt nach der Gesamtauswertung.
00:11:27: Aber wir sind ja beim Thema, das war jetzt das Thema Methodik, aber zum Thema Alltag,
00:11:35: was kann die Archäologie dazu beitragen?
00:11:36: Natürlich finden wir Gegenstände von Kleidungsstücken, wir können auf diese Weise, Stichwort Gürtel-Filia
00:11:42: schon schon feststellen, wie sich die Gürtel-Mode verändert und weiterentwickelt hat oder manchmal
00:11:49: eben auch nicht.
00:11:50: Das sind vor einfachen eisenschneiden Typen, da kann man nicht sagen, ob sie Elfte oder
00:11:54: 15, Jahrhundert sind, die sind einfach ähnlich oder auch Geräte, aber sie sind eben Dinge,
00:11:59: die die Menschen in der Hand hatten, die sie am Körper hatten und das finde ich auch nachgefohlt
00:12:03: was Faszinierendes, sondern eine Unmittelbarkeit, die man im archäologischen Material feststellen
00:12:09: kann.
00:12:10: Das hat ja irgendwem gehört, irgendjemand hat das so, benutzt, wie es da liegt und wir
00:12:13: versuchen dann damit eine Schichtung einzukriegen und es sagt eben dann schon einiges über
00:12:20: den Alltag aus, an Werkzeugen, was wir finden, manchmal auch Waffenteilen, Ambusbolzen findet
00:12:26: man eigentlich was immer, ein paar bei einer Burgengrabung, Knochen von Tieren, die dort
00:12:31: verzehrt wurden, das ist eine ganz eigene Wissenschaftssparte, die Archeozologie, diese
00:12:37: Knochen auszuwerten, das ist jetzt nicht mein spezielles Gebiet.
00:12:40: Ich bin eher jemand, der sich mit Keramik recht gut auskennt und das ist für uns natürlich
00:12:45: erstmal eine wichtige Datierungsgrundlage und auch eine große Menge an Fundmaterial,
00:12:51: was dazu bewältigen ist, denn das Material ist hier einen kleinen Scherben und wir müssen
00:12:56: ein bisschen großen Mengen, wir müssen es zusammensetzen, wenn mal was zusammenpasst
00:13:00: und wir müssen es auswerten.
00:13:02: Und da sind für uns die Randformen wiederum wichtig, weil die dann doch chronologischen
00:13:07: Änderungen unterworfen sind und wir können dann schon sagen, das sind Materialien und
00:13:14: Gefäße, die haben in der Küche verwendet worden und das sind Gefäße, die haben auf
00:13:18: dem Tisch gestanden.
00:13:19: Also da kann man schon eine gewisse Unterscheidung zwischen Küchenkeramik und Tischkeramik
00:13:25: machen, die uns dann wirklich einen Einblick darüber geben, was, wie sah es auf einer
00:13:31: mittelalterlichen Burg bei Tisch und in der Küche aus?
00:13:34: Ja und was ich auch so spannend finde an den Keramiken, das ist, man kann feststellen,
00:13:39: wie weit die Wirkung von bestimmten Keramiken war, weil wir wissen inzwischen, dass über
00:13:47: die Handelsrouten bestimmte Arten von Keramiken eben zu den Bogen gelangt sind, die wurden
00:13:52: gar nicht dort selber hergestellt, sondern man kann eben nachverfolgen, wie waren eigentlich
00:13:58: die Verbindungen einzelner Bogen zu anderen Orten, wo so etwas hergestellt wurde.
00:14:03: Ich denke da an Westerweller Keramik ist zum Beispiel so etwas, aber man findet natürlich
00:14:10: in der Archäologie auch auf einmal Dinge, keine Ahnung, byzantinische Münzen oder Schmuckstücke,
00:14:16: die von weit weit her kommen.
00:14:19: Ich habe gestern, habe ich gelesen, von einem Grab in England, das ist aus dem sechsten Jahrhundert
00:14:26: und dort hat man Schmucksteine, die waren aus Byzans gefunden und man weiß daher, die
00:14:32: müssten ja da irgendwie hingekommen sein, also gab es dort Verbindungen, es gab vielmehr
00:14:37: Handelsverbindungen auch schon im frühen Mittelalter, im spätmittelalter, als ich das als Laie
00:14:44: zunächst angenommen hatte.
00:14:46: Ja, das sind dann natürlich die besonderen Dinge, die man findet, die auch sehr schön
00:14:51: sind.
00:14:52: Mir selber hat man ein Fundmaterial bearbeitet von der Bombersheim bei Frankfurt, da hat
00:14:58: man im Wassergraben ein Stück eines Hätwigsglases gefunden, das ist eine ganz besondere Becherform,
00:15:06: also Glasbecherform, die wahrscheinlich im Vorderen Orient produziert worden ist und
00:15:12: die wir eigentlich auf dieser Burg dieses Zuschnittes gar nicht erwartet hatten, weil
00:15:17: die nur in Kirchen schätzen bisher überliefert ist, aber solche Dinge kommen eben vor und
00:15:22: werden sicherlich auch weiter gefunden werden.
00:15:24: Oder was mich nach wie vor fasziniert, ist der einfache gefäßte Kugeltopf, der ist
00:15:31: wie der Name schon sagt, ein ganz einfaches, simples, handgemachter, beutelförmiger Keramiktopf,
00:15:39: das habe ich dann selber bei der Bearbeitung erst gesehen, als ich einen weitgehend erhaltenen
00:15:44: Kugeltopf mit Reis gefüllt habe, um auf diese Weise das Volumen zu ermitteln, was er das
00:15:50: Fassungsermitteln hatte und durch eine Unbedachtbewegung ist er mir beinahe vom Tisch gerollt und hat
00:15:57: sich aber wieder aufgerichtet, also durch diese Füllung mit Material wird das wie so
00:16:02: ein Stehaufmännchen gewissermaßen entwickelt, das ein Effekt, das der Kugeltopf gar nicht
00:16:08: vom Tisch gerollt ist und hat sich wieder aufgerichtet und dann versteht man auch, warum
00:16:12: diese Form in der mittelalseligen Kochweise, wo man ja gerne in der runter gebrannten Glut
00:16:19: die Töpfe in das Feuer, in die Glut hineingestellt hat, sich so lange gehalten hat, weil er
00:16:24: einfach genau für diese Vorgänge besonders geeignet war.
00:16:27: Interessant.
00:16:28: An dieser Stelle kann man dann nochmal auf die experimentelle Archäologie hinweisen,
00:16:32: wo heutzutage oft versucht wird, einmal nachzuvollziehen, warum hat man bestimmte Dinge auf diese Art
00:16:38: und Weise gemacht, in die man es einfach mal ausprobiert.
00:16:42: Mich interessiert noch das Hedwigsklas, warum heißt das Hedwigsklas?
00:16:46: Das ist ein Glasbecher, überliefert es die heilige Hedwig, hatte drei von diesen Gläsern
00:16:52: in ihrem Schatz so überliefert und danach ist er dann benannt worden.
00:16:57: Das war Anfang des 13.
00:16:58: Jahrhunderts und deshalb heißt er so, ist es aber keine, eine besondere Glasform, ist
00:17:04: dickwandig und ein geschliffenes oder teilweise auch geschnittenes Glas, aber ist eben benannt
00:17:09: nach der heiligen Hedwig.
00:17:11: In diesem Zusammenhang vielleicht, wo man auch sehr viel erfährt über den Alltag über
00:17:16: Kleidung, das sind Grabmäler, also es sind ja in den letzten Jahrzehnten auch viele Grabmäler
00:17:22: geöffnet worden und dort hat man zum Teil eben nicht nur das unvergängliche mentalische
00:17:30: Material gefunden oder eben auch Gläser und Ähnliches, wenn man sehr viel Glück hat, hat
00:17:36: man sogar noch Stoff und Bekleidungsreste gefunden, je nachdem wie sich das dort erhalten
00:17:43: hat.
00:17:44: Das sind aber jetzt richtige Gräber und die Beigabende drin, also die sind ja schon bestattet
00:17:50: worden, zwar jetzt nicht mehr mit diesen Beigaben, wie man es früher gemacht hat, aber in einer
00:17:54: Kleidung, in einem Gürtel, ja noch eine Paternosterkette dazu und andere Dinge, also das uneben, dass
00:18:02: sich Gewandreste erhalten haben, das können wir in diesen Gräbern feststellen, aber das
00:18:06: Grabdenkmal, also das oben übertage errichtete Steindenkmal, das an den verstorbenen gewissermaßen
00:18:14: erinnert, ist auch eine wichtige Schichtskülle, wenn wir uns die Grabdenkmaler, die Rittergrabdenkmaler
00:18:19: oder auch Frauen Grabdenkmaler des 14, 15 Jahrhunderts anschauen, dann können wir da eine ganze Menge
00:18:25: über die damalige Tracht daraus ablesen.
00:18:28: Ja und in diesem Zusammenhang würde ich dann gerne darauf hinweisen, geht mal in Kirchen,
00:18:33: in Kirchen sind sehr häufig solche Grabdenkmaler zu finden, gerade im Kölner Dom finden sich
00:18:39: einige davon, aber natürlich auch in anderen Kirchen, wo man viel darüber lernen kann,
00:18:46: wie sich die Menschen selber gerne darstellen wollten und wie man sich die Gewandungen vorstellen
00:18:52: kann.
00:18:53: Ja und was sie auch wirklich anhatten, also das sind ja teilweise oder größeren Teils
00:18:57: schon Abbildungen der, das was die Leute auch in ihrem Leben getragen haben.
00:19:04: Das ist wie gesagt Geschichtsforschung und Archäologie ist eben eine Seite der Geschichtsforschung,
00:19:10: ist ein Zusammentragen von lückenhaftem Wissen und wir werden nie hundertprozentig jeden
00:19:16: Alltag rekonstruieren können, das können wir ja heute bei den Menschen auch nicht und
00:19:20: die Gedankenwelt schon gar nicht, aber wir können aus den verschiedenen Quellen, die
00:19:25: wir schaffen können, Archäologie, bildliche Darstellungen und eben schriftliche Darstellungen
00:19:30: dann doch eine gewisse Grundlage und eine gewisse Ahnung davon zusammestellen, was die
00:19:36: Menschen damals gelebt haben, in welchen Umständen sie lebten, ja und die Archäologie
00:19:43: kann eben zeigen, was sie wirklich auf dem Tisch hatten, was sie angefasst haben und
00:19:46: wie es wirklich real aussah.
00:19:47: Sehr interessant, in unserer nächsten Folge werden wir dann auf die weiteren Quellen
00:19:53: eingehen, die historischen Quellen, die wir auch haben, um uns ein Gesamtbild des Mittelalters
00:19:59: und der vergangenen Zeiten zu erschaffen und an dieser Stelle ist mir dann nochmal der
00:20:07: Gedanke gekommen, weil wir ja immer weiter forschen, alles was wir heute wissen ist
00:20:13: immer nur ein Bild dessen, was wir bisher erforscht haben und wir sollten immer offen
00:20:19: dafür sein, das alles auch nochmal in Frage zu stellen, weil wir haben immer wieder Forschungsergebnisse,
00:20:24: die alles auf den Kopf stellen, was wir bisher dachten oder was wir bisher geglaubt haben,
00:20:31: also geht mit offenen Augen durch die Welt und an einigen Stellen werdet ihr dann sehen,
00:20:37: hier lohnt es sich Fragen zu stellen, dann kommt man weiter.
00:20:39: Ja und das ist eben auch spannend, dass die Archäologie dann wirklich das Bildliche darstellen
00:20:46: kann.
00:20:47: Ich habe da eine Erinnerung an die Zeit meiner Dissertation, wo im Fundmaterial auch eine
00:20:53: bestimmte Becherform war, die wir auch durch Münzschätze datieren konnten, die nur kurzzeitig
00:20:58: existiert hat, ein kleiner Becher mit einer roten Bemalung, der hat vielleicht 20, 30
00:21:04: Jahre lang ist er produziert worden und warste genauer in die Spätszeit von Barbarossa und
00:21:12: dann kann man sich schon vorstellen, wir kennen alle die Barbarossa Zeit, wir kennen alle
00:21:16: das Mainzer Finks Fest, wir kennen sein Ende dann im fordern Orient und diese Becherform
00:21:22: stand in der Tat bei grobenden Leuten auf dem Tisch in genau dieser Zeit, also das finde
00:21:28: ich immer so ein direkter Berührungspunkt, der natürlich nirgendwo aufgeschrieben wird,
00:21:32: aber dem man auf diese Weise dann haben kann.
00:21:34: Vielen Dank.
00:21:35: Dies ist der Podcast der Deutschen Burgenvereinigung.
00:21:39: Mein Name ist Isabel Gonag-Walds und mir gegenüber sitzt Herr Doktor Reinhard Friedrich, Leiter
00:21:46: des Europäischen Burgeninstitutes.
00:21:48: Wir haben uns heute mit dem Thema beschäftigt, woher wissen wir eigentlich, wie der Alltag
00:21:54: auf den Burgen ausgesehen hat und was kann uns die Archäologie dazu verantworten geben.
00:22:00: Dies ist die erste von zwei Folgen zum Thema, woher wir wissen, wie der Alltag auf den
00:22:06: Burgen ausgesehen hat.
00:22:08: Wir freuen uns über Likes, wir freuen uns darüber, wenn ihr uns abonniert und wir
00:22:15: freuen uns ganz besonders über Rückmeldungen und Kommentare.
00:22:20: Vielen Dank und bis zur nächsten Folge.
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