Entwicklung der Burgen im Spätmittelalter - Vom Wehrbau zur glanzvollen Residenz
Shownotes
Im Laufe des Spätmittelalters, zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert, durchliefen Burgen einen bemerkenswerten Wandel. Aus den einst schlichten Wehrbauten wurden eindrucksvolle Festungsanlagen, die nicht nur dem Schutz, sondern zunehmend auch dem Glanz und der Selbstdarstellung ihrer Herren dienten. Mit der Einführung von Feuerwaffen änderte sich das Gesicht der Burg grundlegend: Wuchtige Bastionen und Rondelle verstärkten die alten Mauern, um dem immer bedrohlicheren Kanonenbeschuss standzuhalten. Doch nicht nur von außen wurden die Burgen befestigt – auch ihr Inneres wurde neu gedacht. Große Säle, kunstvoll gestaltete Wohnräume und prächtige Details verliehen den Anlagen eine neue Pracht und machten sie zu sichtbaren Symbolen von Macht, Reichtum und Einfluss.
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Transkript anzeigen
00:00:00: Hier ist der Podcast der Deutschen Burgenvereinigung.
00:00:13: Wir haben uns den Erhalt und die Erforschung europäischer Burgen und Schlösser zum Ziel
00:00:18: gesetzt.
00:00:19: Mein Name ist Isabel Gronack-Walz.
00:00:21: Mir gegenüber sitzt Herr Dr.
00:00:23: Reinhard Friedrich, der Leiter des Europäischen Burgeninstitutes.
00:00:27: Dieses ist der Dritte von drei Teilen zur Entwicklung der Burgen vom Frühmittelalter bis zur Renaissance.
00:00:36: Ja, vom hohen Mittelalter ins Spätmittelalter, was tut sich denn da bei den Burgen?
00:00:43: Burgen sieht natürlich immer auch eine Reaktion auf die Weiterentwicklung von Waffen und im
00:00:50: Laufe des 14. und vor allem 15. Jahrhunderts kommen wir dann mit den Feuerwaffen neue Elemente
00:00:58: in die Angriffsvorbereitungen und man versucht jetzt eben den Feind, es möglichst gar nicht
00:01:05: allzu nah an die Burg herankommen zu lassen.
00:01:07: Man baut also um die Burg herum eine Zwingeranlage, die im Grunde mögliche Angreifer auf Distanz
00:01:12: hält und die auch Angreifer kanalisiert.
00:01:16: Ich habe Zwinger, weil man doch verschiedene Segmenten hat, die noch mal nicht Quermauern
00:01:20: abgeteilt wurden, um mögliche Angreifer dann in bestimmte Teile des Gebäudes eben einzuzwängen.
00:01:28: Ja, das ist ja ein wirklich interessantes Wort.
00:01:32: Zwinger, wir kennen das heutzutage aus der Hunderhaltung, aber es ist tatsächlich damals
00:01:37: ein System von Mauern und Ringmauern gewesen.
00:01:41: Ist das richtig?
00:01:42: Es war quasi ein zweiter, weil man muss sich das so vorstellen, dass die Burg selber
00:01:46: hat natürlich eine erste Ringmauer, in der Regel dann auch der Stauferzeit, also im
00:01:50: 12. und 13. Jahrhundert.
00:01:52: Und dann baut man später um diese Burg noch eine weitere Mauer herum mit Halbschalentürmen,
00:01:57: die ein bisschen vor die Mauer vorspringen, was den man dann auch schießen konnte, um
00:02:01: eben mit den möglichen Angreifer weiter von der eigentlichen Kernburg entfernt zu
00:02:07: halten.
00:02:08: Und dann Zwiebelschalen-Prinzip, die Burg wird immer, dehnt sich immer weiter aus und bekommt
00:02:12: eine neue Umfassung gewissermaßen.
00:02:16: Und in diesem Zwischenräumen gab es da irgendetwas, gab es da Wasser oder war das einfach
00:02:22: ein Graben, wurde da etwas angebaut?
00:02:24: Nein, angebaut wurde da nichts, es wurde ja nach Möglichkeit freigehalten.
00:02:27: Die wenigsten haben auch ein Wassergraben gehabt, das war einfach nur ein zweiter Befestigungsring
00:02:35: nach innen offen.
00:02:36: Also das sind diese typischen halbschalen Türme, die nach vorne vorspringen, aber nach hinten
00:02:41: offen sind damit sie im Falle, dass ein Teil des Graben erobert wird, sie nicht gegen
00:02:47: die Burg selber genutzt werden konnten.
00:02:49: Also ein Schutz für die innere Anlage und dafür...
00:02:54: Ja, ein zweiter äußerer Schutz für die eigentliche Kernburg.
00:02:57: Und da fällt mir ein weiteres Stichwort ein, was mich sehr, sehr begeistert und interessiert
00:03:02: hat, als wir das das erste Mal in einer der früheren Folgen verwendet haben, das ist
00:03:05: der Ausdruck "Gebück", weil dieses Gebück ja auch die Burg geschützt hat und das war
00:03:10: dann nochmal außen davor.
00:03:12: Das war nochmal außen davor, also mit einem Gebück finde ich auch sehr interessante Art,
00:03:18: sich zu befestigen, indem man eben eine lebende Befestigung quasi errichtet, bestimmte Hainbuchen
00:03:25: hat man gerne genommen, die man in jungen Jahren herabgebogen hat und dadurch ein Geflecht
00:03:30: von fast undurchdringliches Geflecht dazwischen dann noch Brombeeren bepflanzt, so dass dieses
00:03:36: ein wirkliches Annäherungshindernis darstellt, was auch nicht abgebrannt werden konnte,
00:03:40: ein natürliches.
00:03:41: Das ist aber um eine engere Burg zu schützen, natürlich dann doch zu riskant, also da hat
00:03:47: man die Steinmauer natürlich bevorzugt, aber um im Vorfeld oder unter flankierend Dinge
00:03:52: zu schützen, hat man auch gerne Gebücke angelegt.
00:03:54: Das ist übrigens auch eine Sache, die auf Wanderungen interessant zu sehen ist, wenn man
00:04:00: sich solchen Burganlagen nähert, dann kann man noch heute auf dieses Brombeer-, dieses
00:04:06: undurchdringliche Gebüsch und Brombeergeflecht entdecken und das sind bestimmt Überreste
00:04:13: von diesen alten Anlagen.
00:04:14: Das gibt es durchaus noch auch im Rheingau beispielsweise, da gibt es noch das Rheingauer
00:04:20: Gebück, eine Kilometer lange, ich glaube 40 Kilometer langes Gebückumfassung, die
00:04:26: den Rheingau seinerzeit umfasst hat, wahrscheinlich im späten 12.
00:04:31: Jahrhundert angelegt, wir kennen die Berichte dann aus dem 14.
00:04:33: bis 16.
00:04:34: Jahrhundert, wahrscheinlich aber schon älter angelegt, das ist so ein sehr schönes Beispiel,
00:04:39: wie man ein größeres Gebiet durch ein Gebück schützen konnte oder hier im Viertäler-Gebiet
00:04:44: auf der anderen reinen Seite sind auch Gebücke nachgewiesen, also das ist ein oder auch einzelne
00:04:51: Ortschaften, wurden gerne mit einem Wall umgeben und dann mit einem darauf gepflanzen Gebück
00:04:56: befestigt, das ist also nach in dieser Zeit eine sehr einfache, aber wirkungsvolle Art
00:05:01: sich zunächst mal einen gewissen Schutz zu schaffen, vor wilden Tieren natürlich,
00:05:05: aber eben auch relativ undurchdringlich für größere Gruppen von Menschen und man konnte
00:05:12: natürlich auch die Bewegung, also den Handelsverkehr, kanalisieren, weil man konnte den Handel
00:05:18: dann auf die Tore konzentrieren, die eben durch das Gebück, eine Durchlass durch das
00:05:24: Gebück ermöglichen.
00:05:25: Das ist hochinteressant, eine Art von Schutz, weil aus Dornen und Gebüsch und tatsächlich
00:05:32: hat diese Idee ja auch Eingang in unsere Märchen gefunden, das Märchen "Dornröschen",
00:05:37: da gibt es ja auch diesen undurchdringlichen Dornen Wall.
00:05:40: um das Schloss und ich glaube das ist auf die Idee des Gebückes zurückzuführen.
00:05:44: Das ist durchaus möglich.
00:05:46: Ja, im Spätmittelalter. Was tut sich noch? Was ist sozusagen das Ende dieser Entwicklung der
00:05:54: Burgen? Naja, also damit ist natürlich schon die Befestigung mit diesem zweiten äußeren Wall
00:06:00: oder Mauerring ist natürlich das Befestigungssystem dann schon weit ausgereizt. Es ist nur nicht
00:06:06: auch recht teuer und ein dritten Wall hat man da nicht mehr gebaut. Die Angriffswaffen werden
00:06:12: nachher noch stärker. Es kommt zu gut befestigen oder zu gut wirkungsvoll einzusetzenden Kanonen.
00:06:18: Da gibt es noch Beispiele, dass man dann Bastionen errichtet, um selber zurück schießen zu können.
00:06:24: Burg Nannstein ist ein sehr schönes Beispiel dafür, wo Franz von Sickingen hier selber sich befestigt
00:06:31: hatte und dabei auch ums Leben kam, als sein neuerrichtetes Befestigungswerk dann doch stark
00:06:37: Schaden nimmt und damit geht dann auch so ein bisschen die Zeit der Burgen zu Ende,
00:06:42: weil einfach die Angriffswaffen stärker werden. Es leitet dann über zu den Festungen. Man
00:06:47: konzentriert sich also auf wenige Punkte, die man dann sehr stark festungsmäßig ausbaut. Wir kennen
00:06:54: alle den Begriff die "Vaubonnschen" Befestigungen. Das sind großangelegte Befestigungen, wo man
00:07:01: auch dann selber eigene Batterien aufbaut, um zurück schießen zu können. Das ist für eine kleine
00:07:07: Burg nicht mehr leistbar. Da kommt dann einfach auch das Ende. Allein schon auf wehrtechnischem
00:07:12: Weg auch das Ende der Burg. Das Ende der Burg ist natürlich sehr vielschichtig, aber das ist ein
00:07:16: Element dazu. Jetzt muss ich mich mal outen. Die "Vaubonschen" Befestigungen, die kennen ich gar nicht.
00:07:22: Ich glaube, die müssen Sie mir erklären. Ja, "Vaubon" war ein... Also das ist natürlich schon etwas weiter weg.
00:07:26: Das sind dann schon im 16. und 17. Jahrhundert. Man stellt also fest, dass man einfach einzelne
00:07:32: Burgen nicht mehr schützen kann. Die "Marxburg" hat man auch versucht, auszubauende, indem man
00:07:37: noch einige Bastionen errichtet, das Schafe-Eck und das Pulver-Eck. Aber im Grunde ist das nichts
00:07:42: Wirkungsvolles mehr. Und die großen Befestigungen in Italien, die italienische Manier oder eben
00:07:48: auch die Französische, der große Baumeister "Vaubon" eben errichtet hat, das sind sehr
00:07:54: symmetrische Anlagen, mit denen man auch vor allem Städte geschützt hat oder eben größere
00:07:58: Befestigungen, die dann wirklich in einem eigenen System mit vorgelagerten, dreieckigen Werken
00:08:06: und Gegenwerken und Ravelins geschützt hat. Das ist also wirklich eine eigene Thematik der
00:08:12: festungsmäßige Ausbau von Anlagen. Und das steht aber, wo "Burg" als ein wichtiger Bauherr, der
00:08:19: eben viele Dinge befestigt hat, steht quasi für diese Zeit. Nach allem, was ich weiß, wurde ja auch
00:08:25: das Leben auf der Burg dann weniger attraktiv als das Leben in der Stadt. Die Burgherren, die es sich
00:08:32: leisten konnten, haben dann auch vorgezogen, ihre Wohnsitze anderswo aufzuschlagen. Das ist
00:08:40: nur nicht nochmal ein großes Thema. Die Umwälzung durch die Entstehung der Städte, die im 12.
00:08:47: Jahrhundert beginnt und dann im 13. und 14. Jahrhundert doch zu großen Umwälzungen führt. Ich selber
00:08:54: habe mich mit einer Burg beschäftigt im Umfeld von Frankfurt, von der aufstrebenden Stadt Frankfurt,
00:08:59: die Ende des 14. Jahrhunderts dann diese Burg in ihrem Umfeld zerstört. Umgekehrt haben,
00:09:07: oder wir kennen ja nur die Berichte des Siegers, also der Stadt Frankfurt, die eben sagen von dieser
00:09:12: Burg aus, sind unsere Kaufleute belästigt worden. Das wird später als Raubrittertum bezeichnen. Das
00:09:19: ist die Zeit, wo noch ein Gleichgewicht herrscht zwischen Rittern oder Burgen und den aufstrebenden
00:09:25: Städten, der aber letztlich dann die Städte dann von ihrer größeren Wirtschaftskraft
00:09:30: letztlich zu ihren Gunsten entscheiden. Und viele Ritter, das ist richtig, Ritter Geschlechter,
00:09:36: haben dann auf einmal Häuser in Städten, also gehen selber in die Städte hinein, weil sie da
00:09:42: einfach, weil die Städte einfach durch ihre Wirtschaftlichkeit dann doch den Burgen nachher
00:09:48: überlegen sind. Aber das ist eine Entwicklung, die nicht von heute auf morgen ging, sondern die
00:09:53: über mehrere Jahrhunderte verzogen wurde. Ja und ein eigenes Thema. Wir haben eine eigene Folge von
00:09:58: der Burg zum Schloss, wo wir das nochmal genauer betrachten werden. Vielen Dank für diese
00:10:04: interessanten Einblicke zur Entwicklung der Burg. Ja, ich kann auf unseren nächsten Podcast hinweisen
00:10:10: von der "Burg zum Schloss", wo wir uns genau mit dem nächsten Entwicklungsschritt dann oder genau
00:10:14: damit beschäftigen: Warum wurden eigentlich die Burgen auf einmal unattraktiver im Vergleich zu
00:10:19: anderen Wohnformen?". Das war der Podcast der Deutschen Burgenvereinigung Isabel Gronack-Walz und
00:10:26: mir ging über der Leiter des Europäischen Burgeninstitutes Dr. Reinhard Friedrich. Dieses
00:10:32: ist der Dritte von drei Teilen zur Entwicklung der Burgen vom Frühmittelalter bis zur Renaissance.
00:10:39: Wenn Sie mehr über die Arbeit der Deutschen Burgenvereinigung erfahren wollen oder sich
00:10:47: für eine Mitgliedschaft in der Deutschen Burgenvereinigung interessieren, schauen Sie auf
00:10:52: unsere Homepage www.deutsche-burgen.org. Alle Informationen finden Sie in den Show notes
00:11:03: dieses Podcasts. Wir freuen uns über Ihr Interesse.
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